So hilfst du deinem ängstlichen Hund

Angst ist ein uraltes Gefühl, das uns und unsere Hunde vor Gefahren schützen soll. Doch manchmal wird Angst zum Problem, wenn sie übermäßig stark oder aus unserer Sicht unbegründet auftritt. Dann geraten viele Hundemenschen schnell an ihre Grenzen und machen sich im besten Fall auf die Suche nach einer positiv arbeitenden Hundeschule, in der sie lernen, wie sie ihrem ängstlichen Hund helfen können. 

In diesem Beitrag erkläre ich dir, warum Ansätze wie "Das muss er jetzt lernen!" oder "Daran gewöhnt er sich schon irgendwann!" nicht hilfreich sind und das Problem oftmals noch verschlimmern. Vielleicht zeigt auch dein Hund Unsicherheit bei lauten Geräuschen, fremden Menschen oder neuen Situationen. Ich verrate dir, wie du konstruktiv trainierst und ein sinnvolles Management findest.

Körpersprache verstehen

Zunächst einmal ist wichtig, dass du die Körpersprache deines Hundes lesen und einschätzen kannst. Nichts ist schlimmer, als die Angst des Vierbeiners gar nicht zu erkennen und damit völlig falsch zu reagieren, weil man sich der Emotionen seines Hundes nicht bewusst ist. Ich biete über Jahr verteilt immer wieder Webinare zur Körpersprache unserer Hunde an. Wenn du hier noch Nachholbedarf hast sichere dir gern deinen Platz im Webinar.

Beobachte deinen Hund also genau: In welchen Situationen zeigt er Angst? Reagiert er auf bestimmte Geräusche, Menschen oder Orte besonders empfindlich? Achte auf seine Körpersprache, denn sie gibt dir wertvolle Hinweise auf sein emotionales Befinden.

  • Rutenhaltung: Eine angelegte oder sogar eingeklemmte Rute ist ein ziemlich sicheres Zeichen dafür, dass es deinem Hund aktuell nicht gut geht. Auch Schmerzen oder allgemeines Unwohlsein können durch eine angelegte Rute zum Ausdruck gebracht werden. Ein leichtes Wedeln bei gesenkter Haltung zeigt oft Konflikte zwischen Angst und Neugier.

  • Ohrenstellung: Angelegte oder stark nach hinten gezogene Ohren deuten auf Stress und Unsicherheit hin. Manche Hunde bewegen ihre Ohren unruhig, wenn sie nach einem Fluchtweg suchen.

  • Körperspannung: Ein geduckter Gang oder ein eingefrorener Körper zeigt Unsicherheit. Manche Hunde senken ihren Kopf oder lehnen sich von der angstauslösenden Situation weg zum Beispiel, wenn sie festgehalten werden. 

  • Gesichtsausdruck: Weit aufgerissene Augen mit sichtbarem Weiß, ein angespanntes und häufig geschlossenes Maul oder weit zurückgezogene Lefzen sind deutliche Zeichen von Stress.

  • Atmung und Lautäußerungen: Beschleunigte Atmung, Hecheln ohne vorherige Anstrengung oder plötzliches Gähnen können Stresssignale sein. Manche Hunde fiepen, winseln oder knurren leise.

  • Meideverhalten: Dein Hund könnte sich abwenden, sich verstecken oder sogar versuchen zu flüchten. Manche Hunde erstarren und vermeiden jegliche Bewegung.

Versuche, Muster im Verhalten deines Hundes zu erkennen – gibt es bestimmte Auslöser oder Zeiten, in denen seine Angst besonders stark auftritt? Führe ein kleines Tagebuch über seine Reaktionen, um besser nachvollziehen zu können, wann und warum dein Vierbeiner Angst zeigt. Je besser du seine Angst verstehst, desto gezielter kannst du ihm helfen.

Sorge für einen Safety Place

Gerade ängstliche Hunde sind oft gestresst und leiden häufig auch unter Zwangsverhalten wie Schlecken der Pfoten, Rute jagen oder ständigem Kratzen. Es ist daher, neben einem sinnvollen Training, von größter Bedeutung, dem Hund wenigstens zu Hause, einen Safety Place einzurichten. Besser noch, gestaltet und managet man das komplette Zuhause so, dass er sich dort sicher und wohl fühlen kann. Ein Hund, der sich sicher fühlt, kann seine Angst besser bewältigen und Trainingsstrategien greifen deutlich besser. Biete deinem Vierbeiner einen festen Rückzugsort, an dem er sich entspannen kann. Dies kann eine kuschelige Höhle, eine geschützte Ecke oder eine Box mit einer weichen Decke sein. Achte darauf, dass dieser Ort ruhig und frei von plötzlichen Störungen ist, damit er ihn jederzeit aufsuchen kann, wenn er sich unsicher fühlt.

Manche Hunde bevorzugen Höhlenartige Verstecke, andere fühlen sich wohler, wenn sie von einer erhöhten Position aus alles im Blick haben. Beobachte, wo sich dein Hund am liebsten aufhält, und richte diesen Bereich gezielt für ihn ein. Zusätzlich kannst du Elemente wie ein getragenes Kleidungsstück mit deinem Geruch oder ein spezielles Halstuch mit Entspannung verknüpfen, um ihm besser aus seiner Angst helfen zu können und das Entspannen zu erleichtern.

Falls dein Hund in neuen Umgebungen Angst zeigt, kann es hilfreich sein, eine faltbare Hundebox oder eine Decke mit vertrautem Geruch mitzunehmen, um ihm überall einen sicheren Ort zu bieten. Wichtig ist, dass du diesen Rückzugsort niemals als Strafe nutzt, sondern ihn immer mit positiven Erfahrungen verbindest.

Vermeide Zwang & Druck

Wenn dein Hund Angst zeigt, ist es wichtig, ihn nicht zu überfordern. Zwinge ihn nicht in angsteinflößende Situationen, denn das macht die eh schon ängstigende Situation nur noch gruseliger für deinen Vierbeiner und du verschlimmerst damit alle zukünftigen ähnlichen Situationen. Zudem lernt dein Hund, dass du keine Hilfe bist und du förderst damit das Bestreben deines Hundes, kopflos zu flüchten, anstatt sich an dir zu orientieren.

Stattdessen gib ihm die Möglichkeit, selbst zu entscheiden, wie nah er sich an eine angstauslösende Situation herantraut und belohne jeden Schritt Richtung Angstauslöser. Wichtig ist jedoch, dass er immer auch die Möglichkeit erhält, die Distanz zum Auslöser zu vergrößern.

Vermeide es, seine Angst zu ignorieren oder abzutun, denn für deinen Hund ist sie real. Sätze wie "Schau mal, das ist gar nicht schlimm!" helfen ihm dabei nicht. Auch Strafen sind absolut kontraproduktiv, da sie die Angst verschlimmern und das Vertrauen zwischen dir und deinem Hund nachhaltig schädigen können. Er könnte beginnen, nicht nur vor dem ursprünglichen Auslöser Angst zu haben, sondern auch vor dir oder der gesamten Umgebung.

Achte auf seine Körpersprache und respektiere seine Grenzen. Wenn dein Hund signalisiert, dass ihm eine Situation zu viel ist, dann biete ihm eine Möglichkeit, sich zurückzuziehen. Hilfreich kann es sein, ihm eine Alternative zu geben – du könntest zum Beispiel ein Nasentouch oder einen Seitenwechsel anbieten und deinem Vierbeiner somit eine positive Bewältigungsstrategie beibringen.

Training

Angstbewältigung ist ein Prozess, der Zeit braucht. Setze auf Trainingseinheiten, die kurz und stressfrei für deinen Hund sind. Achte darauf, dass du deinen Vierbeiner nicht in eine Situation drängst, der er noch nicht gewachsen ist. Verknüpfe angstauslösende Situation gezielt mit etwas Positivem. Gib deinem Hund zum Beispiel schon dann ein Leckerli, wenn er ein beängstigendes Geräusch hört, bevor er Angst zeigt. So ist die Wahrscheinlichkeit, dass er nach und nach das Geräusch mit etwas Angenehmen wie einer Belohnung statt mit Angst verknüpft sehr hoch. 

Ziel muss es immer sein, die Emotion zum Angstauslöser zu verändern, denn nur, wenn die Emotion eine Positive ist, wird auch das Verhalten perspektivisch ein Anderes sein. 

Manchmal reicht es, eine Situation nur leicht zu verändern, um deinem Hund zu helfen. Wenn er Angst vor anderen Hunden hat, könnte ein größerer Abstand beim Spaziergang hilfreich sein. Hat er Angst vor Gewitter, kannst du beruhigende Musik abspielen oder ihm mit einer Extrakuschelzeit helfen.

Ziehe unbedingt einen kompetenten, positiv arbeitenden Hundetrainer zu Rate, der dir einen auf euch zugeschnittenen Trainingsplan ausarbeiten kann.

Geduld & Vertrauen

Vertraue darauf, dass dein Hund Fortschritte machen wird. Angst verschwindet nicht über Nacht, aber mit Geduld und Verständnis wird dein Hund Bewältigungsstrategien lernen und die angstauslösenden Situationen positiv verknüpfen. Feiere auch kleine Erfolge, denn sie sind der Schlüssel zu langfristigen Veränderungen.

Angst verstärken

Oft fragen meine Kunden, ob sie die Angst ihres Hundes nicht verstärken, wenn sie die Angst belohnen. 

Zum einen kann man Angst nicht belohnen. Ein Hund zeigt ein Sitzen, weil er gelernt hat, dass er dafür ein Leckerlie erhält, er kommt zurück, wenn wir rufen, weil er weiß, dass er dafür aus der Megatube schlecken darf. Aber warum sollte ein Hund mit Absicht Angst haben? Damit er ein Leckerlie bekommt? Angst ist eine furchtbare und lähmende Emotion - nichts an ihr macht Freude - auch nicht, wenn ich dafür etwas bekomme. 

Zum anderen ist es nicht möglich, dass unser Hund  sich aktiv für eine Emotion entscheiden kann. Wenn unserem Hund also immer etwas Tolles passiert, wenn er auf einen Angstauslöser trifft, wird das neben einigen anderen wichtigen Faktoren dazu führen, dass der Angstauslöser mit guten Gefühlen verknüpft wird, weil dieser Reiz zum Ankündiger für etwas Tolles geworden ist und unser Hund eine Bewältigungsstrategie erlernt hat (Und ja - sogar fressen ist ein Alternativverhalten). 

Angst kann man also nicht verstärken? Doch kann man! Fügt man in einer ängstigenden Situation einen unangenehmen Reiz hinzu, zum Beispiel Leinenruck, schimpfen, Hund weiter zerren - ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Situation noch negativer verknüpft und die Angst damit verstärkt wird, sehr hoch.

Fazit

Ein ängstlicher Hund braucht vor allem eines: deine Unterstützung. Mit Einfühlsamkeit, positiver Verstärkung und der richtigen Strategie kannst du ihm helfen, seine Angst zu überwinden. Geh den Weg mit ihm gemeinsam, sei geduldig und feiere jeden noch so kleinen Fortschritt. 

Kommentar hinzufügen

Kommentare

Es gibt noch keine Kommentare.